Kurzgeschichte der Woche

Farne

Meine Freundin liebt Farne. Noch nie war ich mit einer Frau verbunden die Farne liebt. Natürlich mich auch! Sonst waren bisher andere Blumen Trumpf mit denen ich meine Liebe bekunden konnte. Rosen. Tulpen. Riesenmargeriten Und gar Lindenblüten und Minze. Ja, ich erinnere mich so gut an den angenehmen Geruch den diese im Schlafzimmer zu verbreiten wussten. Aber Farne? Dachte zuerst an Abwegigkeit ihres Charakters. Doch dieser war so süss. Nach nur einer Nacht war dieser Verdacht verschwunden. Ausgelöscht. Radiert. Ich gewöhnte mich an das Verschenken von Farnen. In Blumengeschäften schwer zu erwerben. Suchte meist Gärtnereien auf. Und dann den Wald. Dort fand ich an schattigen Hängen einen Überfluss an dieser Pflanze. Grub diese samt Wurzeln aus. Hatte zuhause ein ganzes Lager an Terrakottatöpfen jeder Grösse und Art angehäuft. Begab mich jeden Samstag auf die Abfallsammelstelle, nahm die entsorgten Behältnisse, oft noch mit Pflanzeninhalten an mich. Säuberte diese zu Hause.

Um dann Waldfarne einzutopfen und meiner Geliebten zu kredenzen. Manchmal, nach langer Liebe, bohrte sich ein Gedanke, als sei es ein Bohrwurm in mein Hirn, in dem ich mich fragte was sie mit all diesen Geschenken anzufangen wisse, denn in Ihrer schnuckeligen Wohnung stand immer nur das letzte geschenkte Pflänzchen, das sie so liebevoll versorgte wie mich, sodass Eifersuchtsgefühle meine Speiseröhre herauf zu kriechen begannen. Doch die Dämmerung, das Tagesgrauen verjagte solche Anfälle immer prompt und ohne jede Umschweife. Verzehrte meine Liebste die Farne? Schöpfte sie daraus die beinahe unheimliche Kraft die sie besass. Oder bereitete sie Zaubertränke um mich an sich zu binden?

Ich spielte in Tagträumen in meinem so langweiligen Job hunderte von Möglichkeiten durch. Dies wurde gar zu einem bevorzugten Zeitvertrieb. Zu einem Spiel. Dann zu einer Sucht. Folgen der Zaubersäfte die sie mir insgeheim unbemerkt injizierte? Die Farnkrankheit? Ein Jahrtausendealtes Wissen? Jahrtausendealt? Dass ich nicht lache! Jahrmillionen alt. Das erkannte ich aber erst an jenem Tag als die versteckte Farn-Saat aufging und ich unversehens in einem unendlichen Farnwald mit riesigen Farnstämmen stand, mich darin verlor und seither, von Urtieren und Dinos jeder Art gejagt nach ihr suche. Erst jetzt fällt mir ihr Vorname in diesem Zusammenhang auf. Eva. Hat sie einen Farnapfel gepflückt der ihr verboten war ..., suche ich deshalb am falschen Ort?

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Einige Kommentare zu dieser Kurzgeschichte:

Am 11. September 2016 schrieb M.H.:

"Eine amüsante, erfrischende Geschichte. Tut gut zu lesen zwischen all den unangenehmen Tagesnews, die man eigentlich gar nicht lesen will, aber trotzdem liest."

Am 09. September 2016 schrieb ein anonymer Leser:

"Eine wunderbare Geschichte: jugendlich, amüsant mit einem unerwarteten Ausgang, der sich von den verliebten Beschreibungen plötzlich ins Phantastische wendet."


"Farne" als Tondokument, vorgelesen von François Loeb:





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