Kurzgeschichte der Woche

Der Brückentag

Regen war angesagt. Ruhige Kugel schieben! Doch jetzt herrscht, als ich vom Bett aus durch meine Dachluke blicke, an diesem Brückentag des langen Wochenendes, herrlichster Sonnenschein. Die Frühsommerfarben leuchten in einer Intensität wie ich sie kaum in meiner Erinnerung abrufen kann. Da muss ich in meine Kindertage zurückgreifen und diese sind bereits unter Erwachsenen-Schutt begraben, schälen sich nur schneckenhaft an das heutige blendende Sonnenlicht. Jedenfalls wollte ich den Tag für eine Wanderung nutzen. Eine Wanderung heraus in die Natur. In die Wälder in denen das helle Grün langsam ins Dunkelgrün mutiert. Wollte! Denn der Schritt zum Will ist nicht einfach. Selbst an diesem Brückentag fehlt die Gedanken-Fußgängerbrücke um diese beiden kurzen Wörtchen zu verbinden. Ich denke an den Rat des Lobs der Faulheit. ‚Faulheit sei der Humus des Geistes‘. Welches Geistes? Welches Geistes Kid, gibt mir eine meiner Hirnwindungen zu verstehen. Stopp, weise ich sie zurück! Stopp den Anglizismen. Auch und insbesondere an langen Wochenenden an denen sich der Geist frei entfalten kann. Keinen Zwängen unterliegt. Oder obersteht? Wieder so eine Freientfaltung denke ich unmittelbar nach diesem Wort. Weshalb reden wir an solchen gewonnenen kleinen Freiheiten nicht rückwärts. Wäre ein einmaliges Denktraining an dem mein Geist Gefallen finden könnte. Vor allem da Denken den Kalorienverbrauch anstacheln soll. Also auch ohne Wanderung.

Wes Geistes Kind (immerhin ohne Anglizismus die mich, da in Vielzahl auftretend, bei der Wochenarbeit zur Weißglut bringen) lobe ich die höher liegende Windung meiner linken Hirnhälfte. Derjenigen die, auch und insbesondere an Brückentagen im Ausreden schmieden eine Kreativität an den Tag legt die sich gewaschen hat. Sich selbst gewaschen? Wie soll das ohne meiner Hilfe vor sich gehen?, antwortet die rechte Seite meines Hauptes, das ob der langen Schlafenszeit leicht schmerzt, ein Antibrummpharmamittel heischt, das ich ihr sogleich kredenzen würde, müsste ich dazu nicht meine so kuschelige Bettstatt verlassen.
“Selber schuld”, rufe ich diesem Teil meines Körpers laut zu. “Weshalb hast Du mich gestern bei der Kollegen Runde nicht vom Trinken abgehalten? Meine Lust nicht unter Kontrolle halten können? Die Trinkanteile der die Wochenfreitage (nein nicht Freitage, obwohl auch ein solcher dabei ist) annektierenden abwesenden Arbeitskollegen, zu konsumieren. Denn schließlich zahlt der Betrieb diese Getränke, nach der Zahl der in der Abteilung Arbeitenden. Inklusive den scharfen Klaren zum Abschluss der Runde. Und ein verfallen lassen wäre eine lässliche Lebens-Sünde“, entgegne ich mir selbst. „Wohlverstanden immerhin keine Todsünde. Denn eine so unverderbliche Ware zu bunkern, nein daran will selbst mein ausgesprochen sensibles Gewissen nicht denken.“

Ach, ist die Welt an Brückentagen kompliziert. Keine Routine an der ich mich wie an einem Geländer halten kann. Fehlende Bodenbretter auf der Brücke. Gefahr des Absturzes ins Bodenlose. Da flüchte ich lieber in den nächsten Traum, drehe mich um, ziehe das Deckbett über beide Ohren, denn im Traum kann ich rückwärts sprechen. Sie auch …?




Dreisatzroman der Woche

D E R  T R O P F E N T A U

Geboren an der Grenze von Nacht zu Licht, wohnt der Tropfen Tau wohlig kühl auf einem Halm des Zittergrases, lässt sich leise schaukeln fein im Morgenwind.

Begrüßt den neuen ersten Tag mit einer Funkenfarbenweise, singend, jubelnd nicht nur leise.

Der erste Sonnenstrahl dann den herrlich Tropfen streichelt, singt ihm sein ewig Lied des Alls, lädt ihn ein zu einer Wolkenreise, gestreckten blinkend Armes der Morgentauestropfen hebt sich in die Luft... reist nach Haus.


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"Der Brückentag" als Tondokument, vorgelesen von François Loeb:





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