Kurzgeschichte der Woche

Der Traumhändler

Wer ist nicht in seinem Leben schon betrogen worden. Oder zumindest angelogen. Aufs Kreuz gelegt. Übers Ohr gehauen. An diese Ausdrücke denke ich als ich auf dem großen Monatsmarkt schlendere. Alleine. Ohne Anhang. Denn ich will frei sein vor denjenigen Ständen stehen bleiben zu können die mein Interesse wecken und diejenigen zu ignorieren die ich meiden will. Messerschleifer. Fleckenentfernungswundermittelanbieter. Wunderpulloverstrickmaschinenkünstler. Totsicherversicherer. Naturweizenkeimheilungsversprecher. Bleistiftspitzfinder und was alles an diesen monatlichen ‘Jahrmärkten’ unbewundernwertes angepriesen wird. Hingegen ziehen mich sämtliche Autozubehörer, besonders diejenigen die laut schreiend ihr Produkt anzubieten wissen, an. Einmaligen Glanz versprechen. Marderfrieden anpreisen. Bewundere deren Eloquenz. Hoffe mir ein Stückchen davon abzuschneiden um meine Bücher besser anbieten zu können. Denn ein Autor der über die eigene Naturheilmethode schreibt hat es nicht einfach seine Leserschaft zu finden. Seine Lesergemeinde aufzubauen. Insgeheim erhoffe ich mir bei meinen Monatsmarktbesuchen das wirksame Absatz‐Wundermittel zu entdecken der meinem kläglichen Dasein das jeden Cent umzudrehen hat ein Ende setzen kann. Hätte ich ja wirklich verdient, nachdem ich so zahlreichen Menschen zu einem gesünderen Leben verhelfe und immer wieder verhelfe. Jedenfalls wenn diese das glauben was ich schreibe.

Denn Glaube heilt. Das hat mir eine befreundete, selbsternannte Psychologin schriftlich attestiert als meine Lebenspartnerin mir mein Schriftstellerdasein austreiben, mich zu einem ‘seriösen’ Beruf treiben wollte. Doch ich widerstand. Werde widerstehen, denn ich bin felsenfest überzeugt mit den richtigen Absatzmethoden bald einen Bestseller zu schreiben der mich aus allen materiellen und seelischen Nöten befreien wird. Auch heute hoffe ich das Ei des Kolumbus, nachdem ich es in eiskaltem Wasser abgeschreckt habe, zu schälen um sein Inneres zu entdecken. Ach, da sehe ich einen umlagerten Stand, muss der billige Jakob sein der seine Waren mit Kabarett‐Künsten zu verkaufen weiß. Erstaunlich wie die Menschen auf so miese Tricks herein‐ oder besser gesagt hineinfallen! Dummheit ist einfach zu fest verbreitet, denke ich. Aber faszinierend ist der Jakob schon. Könnte mir möglicherweise eine Tranche von seinen Fähigkeiten für meinen Erfolg ergattern. Doch das Gesicht kenne ich nicht. Jakobs Stellvertreter? Ist er gar gestorben? Alt war er ja. Doch noch kein Greis nach seiner mächtigen männlichen Stimme zu urteilen. Was preist er da an? Hmm, träume ich? Träume will er verkaufen! Dass ich nicht lache! Träume … Na so eine Idee! Ein solcher Marketingtrick. Unglaublich! Er verkündet freie Auswahl. Alle Lebensträume als Träume bietet der Kerl an! Helle Stimme. Kein Mann? Eine Frau? Jakobine?

Ich erhasche einen Blick auf das Podest auf der die Ausruferin steht. Nein nicht Jakobine, EVA steht da in großen Lettern. Auch das noch! Fehlt nur noch, dass sie Äpfel zum Naschen verkauft und eine Schlange das Podest hochklettert. Doch weshalb ist die Menschenmenge so angetan von diesem unendlichen Geschwafel das den Platz erfüllt? Da sehe ich, nein, das ist nicht möglich, Lebensträume, fein in grüne Netze wie solche für Christbaumkäufe angewandt werden, vom Himmel verpackt herniederschweben. Und da erscheint genau über mir ein solches schwebendes Paket, prall mit meinen Büchern angefüllt und oh nein, es zielt genau auf mich. Neeein ich will nicht erschla….




Dreisatzroman der Woche

V E R S P Ä T E T

Zu spät, zu spät, schmettert mein Sinn, gling‐gling.

Oh jeh. oh weh, Termin versäumt, der Traum dann ausgeträumt.

Er wartet? ist doch alles abgekartet, spurte los, bloss, wo sind die Schuh, uuhh u huuu!


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Einige Kommentare zu dieser Kurzgeschichte:

Am 21. Oktober 2017 schrieb A.B.:

"Immer wieder schaffst Du es, gute Laune am Wochenende, beim Lesen Deiner Geschichten, her zu zaubern"

Am 20. Oktober 2017 schrieb H.K.:

"Mein lieber Herr Loeb, wieder enorm erfindnerisch, gewaltige Neologismen-Komposita, farbige Beschreibung der Marktatmosphäre, eine verführerische Eva, die mit den Träumen handelt. Und die Pakete für Traumtänzer, die gefährlich werden können. Ihre Kunst, unerwartete Pointen zu setzen. Eine Deus-ex-machina-Lösung, oder auch eine Gottesstrafe alias wie es Euch gefällt"


"Der Traumhändler" als Tondokument, vorgelesen von François Loeb:





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