kostenlose Kurzgeschichte der Woche

Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche

An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.

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Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf >>) :

Avatarissimo

In der vornehmen oder so sein wollenden Gesellschaftsschicht ist es üblich, dem neuesten Trend zu folgen. Und der lautet seit einem Monat

‚Digitales Weiterleben’!

Da ich auch gern aus rein wirtschaftlichen Interessen zu dieser Gesellschaftsschicht zählen würde, befasse ich mich seit einigen Tagen mit diesem neuen Phänomen. Habe gelernt, dass sich jedermann (gibt es jedermann überhaupt in dieser sauerstoffarmen gesellschaftlichen Höhe oder müsste da nicht ein politisch korrekterer Ausdruck verwendet werden?), mithilfe von Expertinnen oder Experten einen Avatar zulegt. Diesen alsdann permanent mit seinen Lebensinhalten, seinem Denken, seinen je einmal ausgedrückten Meinungen füttert, auf dass auch nach seinem Ableben die verbliebenen Lieben und Bösen sich mit dem Avatar unterhalten können, sich seine Auffassung einholen, den Tadel oder das Lob erntefrisch pflücken dürfen. Dadurch wird die Grenze der Ewigkeit leicht verschoben, die Heimgegangenen sind nicht abgeschlossen in ihrem neuen Heim, können die Zugangstore zwar nicht öffnen, doch wenigstens einen Spalt eines Fensterchens, wenn auch nur dasjenige des Ober-, immerhin nicht des Unterstübchens, spaltbreit zugänglich machen, ohne zu viel Durchzug zu erzeugen.

Doch wie schafft man sich einen solchen Avatar? Im Netz herunterladen? Käuflich erwerben? Einen Spezialisten oder ein entsprechendes Unternehmen beauftragen? Mir fehlen die angemessenen Kontakte. Zerbreche mir den Kopf, wie ich trotz dieses Handicaps an meinen Avatar gelangen kann. Beim heimatlichen Golfklub ist es mir bereits gelungen, mein Handicap wesentlich durch KI zu erhöhen, ohne je einen Golfball berührt, geschweige denn geschlagen zu haben. Also sollte das auch beim Avatar gelingen, um den Anschluss an die Schönen und Reichen dieser Welt nicht zu verlieren. Lasse meine Muskeln in meinem Wallet spielen, erhöhe meinen Einsatz beim virtuellen Pokerspiel um einige 100 Millionen Einheiten. Das wird meinen Chat GPT beeindrucken und mir den Zugang zu einem ganz besonders attraktiven Avatar erlauben.

Tatsächlich meldet sich kurz danach eine Beraterin, auch sie virtuell, bei mir. Bittet mich, eine Virtual-Reality-Brille aufzusetzen und mich mit dieser ins Jenseits zu begeben. Dort meinen Lebenslauf zu deponieren. Meine jenseitigen Wünsche und Testate. Das koste mich bloss einige Millionen, die ich ja bereits bei ausgewiesen hätte. Es sei nicht bedeutungsvoll, ob diese auch real zur Verfügung stehen würden, denn sie, meine Beraterin, gehöre zur Zunft der Avatar-Langfinger, die zu ihrem Vorteil in Avatare von Spitzenverdienern schlüpfen, um nach deren Ableben die Erben dazu bewegen, Gelder an Stiftungen zu überweisen, auf die nur ihre Zunft Zugriff haben kann. Sie suche dringend Assistenz-Mitarbeiter, und ich hätte genau das richtige Profil dafür. Mein Gehalt werde fürstlich sein, sodass ich mir dann auch einen echten und besonderen Avatar, wie ich ihn mir wünsche, leisten könne.

Natürlich schlage ich zu. Denn wie sonst kann ich den Anschluss herstellen? Und tatsächlich, nach dreijährigem schweisstreibendem Einsatz immer auf der Flucht vor der Avatar-Polizei, die Unechtem auf die Spur kommen will und von der Oberschicht beauftragt und besoldet wird, kann ich mir einen herrlichen Avatar leisten, was mich in einen echten Glückszustand versetzt.

Mein ewiges Ebenbild beauftrage ich mit all meinen Gedanken, bis ich mit grossem Schreck feststelle, dass ich selbst nur ein von der Avatar-Langfinger-Zunft entwendeter, bereits voll beladener Avatar bin…


Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:

P E R F E K T

Der-Fakt
Zack da
blättert
Lack.

Und darunter so viel
Brennbar Zunder
Entsorgen allen
Überflüssig
Plunder.

Klaren Augens
Übers Seelenbord
Hin zum wahren Fakt
Auch mit Fehler fällt kein
Zacken aus der Menschenkrone.




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"Avatarissimo" als Tondokument, vorgelesen von François Loeb:







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