Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche
An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.
Im Archiv können Sie dann auch stöbern und "alte" Kurzgeschichten lesen und anhören oder hier kostenlos und werbefrei erhalten >>
Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf >>) :
Brüche
Was hatte ich für Mühe, meine müde Mühe mit Bruchrechnen in der Schule. Verstand absolut Hauptbahnhof, obwohl unser altes Bahnhofsgebäude, das von keiner Bahn mehr angefahren wird, noch nicht zusammengebrochen ist. Baufällig zwar, wie mein Verständnis für Brüche, für das Bruchrechnen. Ein echter Bruch ist das, würde es heute mein Enkel ausdrücken. Ach, wie die Sprache sich ändert, evolutioniert, sodass diese kaum mehr verstanden werden kann. Jedenfalls von mir. Doch zurück zu den Brüchen. Nicht zum Berechnen der abgeprotzten Schienen unseres abbruchreifen Bahnhofs. Abbruch, ist das die Losung, die mein Hinterstübchen über das Sinnieren der Brüche vorschlägt? Mein Selbstbewusstsein wiederherstellen will, denn was ist ein Mensch ohne Brüche? Gibt es das überhaupt, ganz ohne ein vielköpfiges Hydra-Haupt? Lebensbrüche. Vitae-Brüche, die verschwiegen werden, um trotz allem einen Job zu ergattern, selbst wenn dieser Kühe hüten innerhalb eines Gatters darstellt. Ablehnen, nein, das geht nicht, das würde zu einem Bruch mit dem lieben fürsorglichen Staat führen. Und all die Treuebrüche. Die Brüche von Beziehungen. Bezügliche Beziehungen, und da landen wir erneut bei meinem bruchstückhaften Bahnhof. Denn der Abbruch wäre die geeignete Massnahme, würde dieser nicht dem Denkmalschutz verfallen sein. Oder leben dort jetzt gar schützenswerte Fledermausfamilien, die sich bruchschützend vor das Gebäude stellen, oder des Nachts ein und ausfliegen und dabei keinerlei Bruchlandung vollführen? Das ist mir persönlich überlassen. Nicht mit einem fliegenden Objekt, selbst nicht mit der fliegenden Untertasse, die mir nach dem Bruch mit meiner Freundin schallend lach-weinend um die Ohren fliegt.
Wie nur kann ich bruchstückhaft mein Ego wiederherstellen?
Brüche zusammensetzen? Im Baumarkt Mörtel einkaufen gehen? Anrühren? Doch wen soll ich anrühren ausser mir selbst, in Selbstmitleid über meine starke Bruchrechnen-Schwäche? Also zusätzlich zum Mörtel Stärke? In welcher Konsistenz? Diese dann in kleine Portionen aufgeteilt einnehmen? Zuvor meine Ärztin oder Apothekerin konsultieren? Unbedingt, sagt mein lückenhaftes, bruchstückhaftes Selbstvertrauen. Also eile ich, noch im Morgenmantel gewandet, da werde ich nicht zu lange auf Antwort warten müssen, da ein Notfall vorliegen könnte, in unsere Dorfmitte. Oh je, die Ärztin im Urlaub und die Pillen-Lady öffnet erst in einer Stunde. So lange muss ich mich also gedulden. Warten. In der Zwischenzeit Kaffee im Bäckereicafé geniessen. Mache mich dorthin auf. Trete ein. Bestelle einen grossen Milchkaffee. Bitte um ein einladendes Schäumchen als Topping. Werde scheel angeschaut. Weshalb nur? Klar, mein bruchstückhaftes Selbstwertgefühl ist ja noch nicht wiederhergestellt.
Da setzt sich die gemeindeeigene Ordnungshüterin, eine ältere, streng blickende Dame, neben mich. Sie ist durch ihre Bussenaffinität dorfbekannt. Was bin ich froh. Die Zeit wird rasch vorbeigehen bei einem kleinen gemeinsamen Schwatz. Doch statt ein Getränk an der Theke zu bestellen, nimmt sie einen Notizblock aus der Umhängetasche, verlangt von mir einen Ausweis, zückt den roten Schreibstift und schreibt in farbigen Blockbuchstaben: ORDNUNGSWIEDRIGKEIT, ja mit einem IE nach dem WI, darunter: Wegen Erregung öffentlichen Bekleidungsärgernisses in Obhut genommen. Und ich soll da unterzeichnen … Habe keine Antwort auf diese Beschuldigung. Wie auch, wenn die Apotheke, die Arztpraxis und der Baumarkt noch geschlossen sind, sowie der Maurer, der bestimmt helfen könnte, meine Bruchstücke mit Mörtel zusammenzukleben, mein Selbstwertbewusstsein wieder instandzusetzen, im Urlaub weilen ...
Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:
B R U C H
Durch
Diesen Bruch
Muss jeder von uns
Durch ob gebrochen oder
Ganz selbst allenfalls jedenfalls
Auch die verpiesen Weihnachtsgans.
Voll gegart getanzt
Mit einem Loch
Gestanzt.
Das jedem
Dadurch fehlt
In den heisernen Kehlen
Ob all dem täglichen Geschehn.
Die Wochengeschichte und/oder der Dreisatzroman können stets mit Quellenangabe (https://www.francois-loeb.com//kurzgeschichten-kostenlos-lesen/geschichten-erhalten/) auf Ihrer Homepage Ihrem Blog, oder der Vereinszeitschrift kostenlos aufgespielt werden!
Ich freue mich darüber!!