Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche
An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.
Im Archiv können Sie dann auch stöbern und "alte" Kurzgeschichten lesen und anhören oder hier kostenlos und werbefrei erhalten >>
Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf >>) :
Das Ohratorium
Mein HNO (Hals/Ohren/Nasen) -Arzt ist, wen kann das wundern, ein Opernliebhaber, verpasst keine grosse Aufführung. Nimmt dafür weite, auch klimaschädliche Reisen auf sich. Behauptet, um sein Gewissen zu beruhigen, dass herrliche Klänge das Klima besänftigen, stimmige Töne Hitzestaus besiegen, Bässe den Donner und Tornados in Schranken halten würden. Jedes Mal, wenn ich zu ihm in die Praxis komme, wo mich die neuesten Met Aufführungsarien empfangen, schwärmt er beim Beschauen meines Ohrinhalts von seinen neuesten Erlebnissen. Erst vor Kurzem, das heisst am letzten Wochenende, habe er ein kleines Vermögen dafür ausgegeben, zwei Ereignisse am gleichen Abend, wenn auch nicht vollständig, zu erleben, indem er sein linkes Ohr nach Paris und das rechte nach Baden-Baden an Festaufführungen delegiert habe, und diese gemütlich in seinem Lehnstuhl sitzend, den er zuvor auf die Veranda seines Ferienhauses in Texas, also auf seine ‚Porch‘ befördert habe, zu geniessen. Einmalig sei das gewesen, was seine Trommelfelle ihm bescherten, grösser als jede Bescherung, die er früher selbst als Kind erlebt habe. Ob ich nicht auch seine Freuden teilen wolle, stellte er mir, in mein linkes Ohr flüsternd die Frage. Da ich, bei dem spitzen Instrumentarium, das in meinem Ohr wühlte, nicht wagte zu sprechen, beliess ich es bei einem kurzen Nicken. Da winkte der Arzt seine Assistentin (oder war es seine Ohrtopädische Praktikantin?) zu sich und vollführte mit der freien Hand Schreibbewegungen, dabei mit dem Mittelfinger spiessartig auf mich zeigend. Gehorsam und wohltrainiert brachte sie mir sogleich einen Wust, oder besser ausgedrückt ein Konvolut von Formularen samt einem Kugelschreiber in Form einer Damenpistole, sodass ich begann, mich zu fürchten. Mit dem kleinen Finger, an dem sie dreizehn glitzernde Ringe trug, zeigte sie mir die Stelle, an der ich zu unterzeichnen hätte, was ich sogleich auch tat, aus Furcht, der kleine Kugel-Schreiber könne gleich eine Ladung Kugeln auf mein Herz abfeuern, die sich ganz unabhängig von ihrem oder des Arztes Willen aus dem Schreibgerät lösen könnten. Ein deutlich helles Lächeln zierte gleich nach meiner Unterschrift des Arztes Lippen, als ob er einen Jagderfolg, ein erlegtes Wildbret zu feiern habe.
Währenddessen machte der Chef — wohl auch Boss genannt, schlüpfte ein bösartiger Gedanke durch mein Hirn — sich weiter und immer intensiver an meinem Trommelfell zu schaffen. Verwundert hörte ich jetzt seine Stimme nicht mehr flüsternd von aussen, sondern mir aus meinem Inneren, aus der Unterseite, der Tiefe meines Trommelfells zurufen:
„Ein tausendfaches Dankeschön, lieber Patient, jetzt kann ich mit vier Ohren gleichzeitig Festaufführungen besuchen! Jedes Ohr an einem anderen Festivalspielort mit hoch gespitztem Trommelfell.“
„Nur keine Angst“, fuhr er fort, „lieber in meine Obhut Gegebener, wir schaffen das schon. Mit den neuesten Hörgeräten, kleinsten technischen Wunderwerken, werden Sie auch ohne eigene Trommelfelle das Wesentlichste immer noch vernehmen können, denn die Künstliche Intelligenz ist in der Lage, Wesentliches von Unwesentlichem genau nach meinem Gusto zu unterscheiden, ohne dass eine Abgabe an den Fakenews-Generator zu entrichten sein wird. Zudem, das kann ich Ihnen auf Wunsch auch eidesstattlich versichern, werden Ihre aus Ihren Ohren davongeschwommenen Felle Prachtstücke in meiner soeben begonnenen Sammlung von Trommelfellen darstellen“…
Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:
T R O M M E L N
Husch
Im Busch
Entschwunden
Meine Felle auf die
Maximal pfurrend Schnelle.
Pfiff und Sniff
Rein gekifft
Ohne Lift.
Kater
Dann Gelabert
Verzagt die kommend Tage.
Die Wochengeschichte und/oder der Dreisatzroman können stets mit Quellenangabe (https://www.francois-loeb.com//kurzgeschichten-kostenlos-lesen/geschichten-erhalten/) auf Ihrer Homepage Ihrem Blog, oder der Vereinszeitschrift kostenlos aufgespielt werden!
Ich freue mich darüber!!