Kurzgeschichte der Woche

§Verdunkelungsgefahr§

Mein Freund Hannes hat mir ein rätselhaftes WhatsApp zugestellt. In großen Buchstaben nur das eine Wort! „VERDUNKELUNGSGEFAHR!!“ Mit zwei dicken Ausrufezeichen dahinter. Rätsle seit Stunden was das bedeuten soll. Habe selbstverständlich ihm eine Antwort einzig mit vier „????“ gesandt, doch weder ein zweites v, erst recht nicht ein solches in blauer Farbe. Ist mein Kumpel in Gefahr? Denn sein Handy scheint abgestellt zu sein. Er, der mir so oft aus der Patsche half in Gefahr? Verdunkelungsgefahr! Was hat das zu bedeuten? Hat er etwas‚ ausgefressen‘? In den Händen der Polizei? In Untersuchungshaft? Oder auf der Flucht. Versucht alle Spuren zu verwischen! Könnte ihm Unterschlupf bieten! Aber wie, wenn ich keine Ahnung habe wie er zu erreichen ist. Schon x Mal versucht ihn anzurufen. Immer die gleiche Litanei: „Zurzeit nicht erreichbar. Versuchen sie es später“. Was ich regelmäßig alle 2 Minuten unternehme. Immer die gleiche Antwort. Und immer erneut dieses nervige: „Versuchen Sie es später“, einen Rat der kein Resultat erbringt. Und das nennt sich bei der Telefongesellschaft künstliche Intelligenz! Ich würde diese eher als repetitive (was ist das Gegenteil von Intelligenz?) Beschränktheit (ist das die richtige Bezeichnung) bezeichnen. Verzweifelt versuche ich es auch mit Face Time Audio. Mit WhatsApp Telefonfunktion. Nirgends gelingt der vokale Kontakt. Und das Wort Verdunkelungsgefahr wird für mich immer dunkler.

Hängt wie ein Damoklesschwert über unserer Freundschaft. Als die Nacht einfällt, es ist Herbst und um 19.30 ist es zappenduster , nicht einmal mehr zappen ist mehr möglich! Da erscheint das Wort Verdunkelungsgefahr in Seelenschwarz erster Güte und führt mich in Direttissima zu einer Depression. Ich kämpfe dagegen an. Positive Gedanken fische ich mit saftigen Ködern aus meinem immensen Unterbewusstseinsmeer. Erst als ich dann mein Schleppnetz auswerfe, das ich speziell für solche Situationen virtuell konstruierte, gelingt mir ein Fang. Nur ein kleiner Seelenfischgedanke geht ins Netzt, der aber wie ein Leuchtwürmchen in dunkelster Nacht einen Hoffnungsschimmer auslöst, mir neue Gedanken zur Hilfe für meinen Freund und seiner Verdunkelungsgefahr zuführt. „Das Wort Verdunkeln könnte helfen“, ruft ein kleiner Gedankenfisch mir zu, der hurtig aus dem Schleppnetz direkt in meine linke kreative Hirnhälfte springt. Ruft mir dann noch mit seiner Schwanzflosse zu: „Was würdest du mit mir Schlimmes unternehmen? Klar mich ausnehmen! Sezieren!!“ Und Schwupps ist er verschwunden. Der Gedankenfisch. Sezieren! Ausnehmen! Gut dann beginne, denkt die rechte praktische Hirnhälfte sofort. Verd, unke, lung, s, ge fahr. Wo soll ich hinfahren? Unkenrufe? Verdammt? Gefahr? Und wenn ich Buchstaben auslasse. Die Gräten eines Fisches schneide ich auch raus, um nicht an einer zu ersticken. Bringt mich nicht weiter. Erdunkelung? Verdunlung? Ahh, jetzt hab ich‘s: Verunkelung! Will mich mein Freund Verschunkeln? Mich Verunkeln? Ja, wird ein Ulk sein! Ein schlechter Scherz. Ein Ulk der mich verunsichern soll. Handy abstellen? Ja! Flugmodus! Wird durchgeführt. Jetzt ist der Ulk abgestellt. Verdunkelt. Schwarze Scheibe auf dem Phone. Gerettet. Aber muss telefonisch erreichbar sein. Neu starten. Pin eingeben. Telefon freischalten. Neues WhatsApp leuchtet auf. Wieder mein Kumpelfreund der mir gleich gestohlen sein kann.

Erneut leuchtet das Wort Verdunkelungsgefahr auf! Lösche WahtsApp-App! Kann ja jederzeit erneut ausclouden. Ist das der entsprechende Ausdruck? Wie Auswildern. Klar. Aber erst ausclouden wenn die Dunkelheit bei meinem Kumpelfeind erloschen ist. Wie sieht die Dunkelheit nach deren Auslöschung aus? Minus mal Minus ergibt Plus! Heller leuchten wird mein Handy dann und der Kumpelfeind mir um den Hals fallen. Mir seine Verhellung aus der Verdunkelung mitteilen. Wo auch immer er dann sein mag. Meine Bitte an die Leserschaft: Sollte auf ihrem Display Verhellung auftauchen, bitte sofort bei mir melden, könnte dann meine Verdunkelung sein. Gefahr ist immer vorhanden. Verhellung gesucht! Erhellung! Muss dafür ein Hoch im Anzug sein. Hoch soll es leben, das Tief, das die Verdunkelungsgefahr unsere Köpfe umnebelt, denn für die Zukunft sind helle Köpfe gefragt! Verhellte …




Diese Wochengeschichte per Mail weiterempfehlen >>

Seite www.francois-loeb.com per Mail weiterempfehlen >>




"Verdunkelungsgefahr" als Tondokument, vorgelesen von François Loeb:





TERMINE

LESUNGEN

Termine in Planung

  •  
     

Aktuelles

Wochen­ge­schichten Archiv

François Loeb's bisherige Wochengeschichten kostenlos lesen und anhören oder wiederhören und -lesen! Aus über 100 Wochengeschichten auswählen!

zum Archiv >>

Kurzgeschichte der Woche

Auto-Gen

Endlich, endlich habe ich gefunden, wonach ich seit Jahren suche! Endlich, endlich jemanden oder etwas, der oder das mich verstehen wird ...

Mehr lesen >>

Neu erschienen

  • CoverMUSEUM OHNE GRENZEN
  • Neu 2021

    Museum
    Ohne Grenzen

Weitere Info >>

  • Cover Geschichten, die das Landesmuseum schrieb
  • Geschichten,
    die das Landesmuseum schrieb

Weitere Info >>