Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche
An dieser Stelle präsentiere ich Ihnen im wöchentlichen Wechsel die (kostenlose) Kurzgeschichte der Woche, auch als Pdf-Download.
Im Archiv können Sie dann auch stöbern und "alte" Kurzgeschichten lesen und anhören oder hier kostenlos und werbefrei erhalten >>
Hier die aktuelle Kurzgeschichte der Woche (auch als Download Pdf >>) :
Die Giraffe in der Zündholzschachtel
Das Rauchen abgewöhnen, wie oft habe ich das versucht. Feste Entschlüsse gefasst. Mir selbst heilige Schwüre geschworen. Erneut und immer wieder gebrochen. Mir untreu geworden. Die Sucht hält mich in ihren Klauen. Scharfe Krallen, die immer wieder siegen. Und ich kann nichts dagegen unternehmen. Aussichtslos. Zum Verzweifeln. Bei jedem mir selbst so gut gemeinten Anlauf bedarf es eines kleinen Windchens Frust, und schon wieder nehme ich von der Freundin, der Kollegin ein Rauchopfer entgegen und bin wieder mitten in dem so verruchten Tun. Falle in die alte Gewohnheit. Nach dem Frühstück, vor dem Zubettgehen noch einige Züge inhalieren. Im noblen Restaurant, beim Familienfest, kurz mit der Entschuldigung ‚ich müsse mal eben einen Anruf erledigen, dort 3 bis vier hastige Züge einpusten. Mich dabei undezent der Lüge und des Schwurbruchs wegen schämen. Mir die Tränen in die Augen treiben lassen. Abtupfen, bevor ich wieder zu ausgefallenen Speisen und Getränken eile. Doch ich wurde ertappt. Mein Vater sieht mich mit traurigen Kulleraugen an. Schnuppert. Erkennt den Rauchgeruch, obwohl ich ein Pfefferminzbonbon zu mir nahm. Schilt mich, als sei ich ein Teenager, der beim Kiffen ertappt wurde, mit harschen Worten. Meint es ja gut mit mir. Nimmt mir erneut, zum wievielten Mal weiss ich nicht, das Versprechen ab, die Pafferei zu beenden. Diesmal jedoch nicht auf dem Weg der Direttissima, nein, auf Umwegen. Er drückt mir eine bräunlich, eher schmutzig wirkende und nach Nikotin riechende Visitenkarte in die Hand:
HH.H. Visper
Dipl. Nikotinör
Wallgasse 879, 66722 Entenhausen
www.gewohnheitkuren.com Mail: H.H.VISPER@GEWOHNHEITSKUREN.COM
Ich verspreche meinem Vater beim Nachtisch, der luftig saftig auf meinem Teller glitzert und nach dem Verspeisen nach einer Zigarette ruft, diesen aufzusuchen. Ich gebe vor, eine dringende Zoomkonferenz erledigen zu müssen. Verabschiede mich mit Vaterwangenkuss vom Festtagsschmaus. Lasse dreiviertel des Desserts auf dem Teller liegen, der, da bin ich mir gewiss, im Nu wie die Gletscher in den Alpen dahinschmelzen wird. Die inkriminierte bräunliche Visitenkarte des Nikotinörs lege ich auf das Armaturenbrett meines kleinen Bijou-Kleinwagens. Möge sie dort unter den Sonnenstrahlen verrotten, denke ich, mir einen neuen Glimmstängel anzündend.
Und tatsächlich, nach drei glühend heissen Sommerwochen ist auf der Karte nichts mehr leserlich, und das schlechte Gewissen wegen des Nichtbesuchs beim Entwöhnungskünstler gegenüber meinem Vater beruhigt sich Tag für Tag mehr. Heute nun, es ist Sonntag und mein Dienst in der Redaktion beginnt erst um 17 h, beschliesse ich, das Strandbad aufzusuchen. Mich von der Sonne bräunen zu lassen. Gemütlich dabei unter dem Sonnenschirm meiner Nikotinsucht zu frönen. Der Verkehr ist dicht. Typischer Ausflugsverk …
Kann nicht zu Ende denken, denn da kracht es fürchterlich. Ein stattlicher Wagen fährt mir in die Flanke. Gottlob auf der Beifahrerseite, die unbesetzt ist. Ich steige mit hochrotem Kopf glücklicherweise unverletzt aus, stecke mir sogleich zur Beruhigung eine Zigarette an. „Entschuldigen Sie bitte“, spricht mich eine sympathische Männerstimme an, „ist mit Absicht geschehen, konnte Ihrer sonst nicht habhaft werden!“ Ein kalter Schauer steigt mein Rückenmark hoch. Was will der Kerl, denke ich. Greife nach dem Pfefferspray in meiner Handtasche. Da fährt mein Unfallgegner fort: „Darf ich mich vorstellen: HH. H. Visper, Dipl. Nikotinör. Sie erinnern sich bestimmt. Wollte Ihnen nur diese Streichholzschachtel im Namen Ihres Vaters überreichen.“ Steigt in seinen dicken Wagen. Begeht Unfallflucht. Und ich stehe mit abgesägtem Rock und staunenden Augen da. Betrachte das kleine Schächtelchen. Hübsch anzusehen. Herrlich mit Palmblättern verziert. Öffne es. Statt Streichhölzern blickt mich eine Bonsai-Giraffe an, droht mir mit lieblicher Stimme: „Bei jedem Zug einer Zigarette werde ich ein kleines Stück grösser. Habe einen unheimlichen Appetit. Und eines Tages verschlinge ich deine ganze Umgebung mit Haut und Haar, auch du bist nicht vor mir gefeit. Und wenn ihr Menschen mit der Gesundheit und der Natur so weiterwurstelt wie bisher, euch alle in einem Zug. Nicht nur eines Glimmstängels wegen!“
Und als Bonus ein weiterer DREISATZROMAN aus meiner Feder:
S U C H T
Sucht
Welch Fluch
Oder ist es Flucht.
Vor was denn nur
Dem Schwur
Gebrochen.
Wirbelsäule
Her gekrochen
Locker sich macht
Auf suchtens Socken.
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