kostenlose Kurzgeschichte der Woche

Meine kostenlose Kurzgeschichte der Woche

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No-Go

„NO-GO, ein Wort das Du Dir fürs Leben merken sollst“, sagte er mir mit seiner festen Stimme die noch nach Jahren in meinem linken Trommelfell nachklingt. Das rechte hingegen wollte nicht hinhören was dieser ergraute Freund mir auf den Lebensweg mitgeben wollte. Nicht nur ergraut war er, nein, seine Gesichtshaut war von so markanten Falten durchzogen, dass ich immer ihn betrachtend an den Grand Canyon denken musste. Zu Beginn unserer Bekanntschaft fürchtete ich mich vor ihm. Seinem Gesichtsausdruck. Seinen das Universum widerspiegelnden Augensterne. Seinen der Gicht wegen verkrümmten Fingern die einer Adlerpranke glichen. Obwohl Adler keine Pranken besitzen. Aber falls sie solche Tiger-, oder Pumagleich besässen. Seine sanfte Stimme mit der er mich damals in der Strassenbahn ansprach vermittelte das Gegenteil von Angst. Vertrauen vibrierte zwischen den einzelnen Tönen, floss, dieses auf mich übertragend, als sei es von Zauberhand getragen, in mein Bewusstsein ein, zwang meine Lippen zu einem einladenden Lächeln. Er wolle in die Innenstadt. Dort ein Eis geniessen gehen das ihn in seine frühe Kindheit zurück versetzen werde. In die Zeit in der er sein nun gelebtes Leben noch voll vor sich hätte. Ob ich eine Empfehlung abgeben könne. Eine Eisdielenempfehlung von der Kinder schwärmen würden. Nicht Erwachsene, denn diese suchten nicht die übersüsse Leckerei. Er lade mich, wenn ich ihm den Weg dorthin weisen würde, auch auf eine Kugel ein.
Die runde eiskalte Speise in einer Waffel versteckt gesteckt, sodass nur wie bei einem Eisberg ein kleiner Teil letztere überragen werde. Das von meinem damaligen kleinen Ego, als sei dieses ein Schwamm, genüsslich aufgesaugte Vertrauen liess mich alle Vorsicht ausser acht lassen, den Greis an der übernächsten Haltestelle aus dem Wagen lotsen, ihn an der Hand nehmend zu meiner Lieblings Gelateria führen. Er bestellte für sich eine XXL Kinderwaffel getoppt mit einer klebrig aussehenden Gelatinemasse und für mich eine kleine Kugel Limonen Eis in einer XXL Waffel, sodass das Eis tatsächlich in die Tiefen des Gebäcks versank. Uns gegenüber sitzend genossen wir das Eis. Der Greis dabei kindliche Lustlaute von sich gebend, um dann mit glasklarer Stimme ein Kinderlied anzustimmen, ich meinen Eismentor beobachtend, mir dabei vorzustellen suchte wie er als Kind ausgesehen haben mochte. Da fielen die eingangs erwähnten Worte :“No-Go, ein Wort das du dir fürs Leben merken sollst“. Ich konzentrierte mich auf meine köstliche Süssigkeit, das rechte Ohr war dabei bereits in der Prüfungsvorbereitung die ich am folgenden Tag an der Universität abzulegen hatte. Als ich aufschaute sass mein Gegenüber nicht mehr da. Ich blickte mich um. Er war nicht mehr zu sehen. Komischer Kauz, dachte ich. Ass meine Köstlichkeit zu Ende, bestieg erneut die Strassenbahn, fragte mich ob ein Wachtraum mich heimgesucht habe, die Sehnsucht nach dem Eis, das ich doch der Kalorienmenge mir selbst verboten hatte, ein Alibi in meinen Synapsen hinterlassen habe.
Als ich mich in der Zwischenzeit zu einer der begehrtesten Rechtsanwältinnen gemausert hatte, stiess ich bei einer Recherche in einem Straffall, ich hatte eine Meuchelmörderin zu verteidigen, ein komplizierter, vielschichtiger Fall, auf eine kleine Notiz die eine App mit dem Namen NO-GO empfahl. Diese sei sehr empfehlenswert. Besonders für Menschen mit ungebändigten Temperament, das auszuleben sie berufsbedingt verhindert seien. Genau das Richtige für mich räsonierte mein linkes Trommelfell. Das rechte lachte lauthals, sodass sich ein kleiner Schrei aus meinem Hals löste und mein Hund sich in einem gewagten Sprung auf meinen Laptop setzte und elendiglich zu miauen begann, eine wahre Katzenmusik, aus welchen Gründen auch immer, vollführte. Ich kraulte dem Hund das Fell, was dieser genüssliich durch Schnurren quittierte. Dann lud ich die APP NO-GO herunter, erinnerte mich dabei an den grauen Greis, das köstliche Eis, dessen Oberfläche ich konzentriert suchend züngelnd damals zu entdecken hatte.
Kurz darauf besuchte ich zur Prozessvorbereitung meine Mandantin in der Untersuchungshaft. Ich sprach mit ihr. Legte ihr meine geplante Strategie kurz dar, als sie aufsprang, sich in eine Ecke es Besuchszimmers verkroch und laut aufschrie, sodass die Wärter in voller Montur das Zimmer stürmten um mich zu retten. Als sie erkannten dass die Mandantin völlig verängstigt am Boden kauerte, wollten sie wissen was vorgefallen sei. Ein Reue-Anfall mutmassten sie. Ich konnte keine zielführende Antwort erteilen, genoss aber wie entgeistert mich die ‚Retter‘ anblickten. Flüchtete auf die Gästetoilette der Haftanstalt. Mich im Spiegel betrachtend, erblickte ich in meinen Augensternen den Greis, meinen einstigen Eismentor, der helle Feuerblitze nach aussen sandte, die den Schriftzug NO-GO auf die Spiegeloberfläche schrieb, die dort haften blieben. Ein Resultat der NO-GO-App oder blosse Halizunation?
Zurück im Besprechungsraum hatte sich die Meuchelmörderin gefangen, sass auf mich wartend am uns trennenden Tisch. Auf ihrem Gefängnis Hemd konnte ich die rote Schrift NO-GO deutlich erkennen. Später wurde mir berichtet, dass auch nach zehnfacher Wäsche die Buchstaben nach wie vor zu lesen seien ...




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